Vor hundert Jahren war der Berliner Bezirk Prenzlauer Berg noch bekannt für Mietskasernen mit protziger Straßenfassade, hinter der sich verschachtelte elende Hinterhöfe verbergen. Nachdem hier zu DDR-Zeiten durch Renovierung nach und nach halbwegs wohnliche Verhältnisse geschaffen wurden, ist das Gesicht des Viertels heutzutage vor allem durch linksalternative AkademikerInnen und grünes Wahlvolk geprägt.
Trotzdem kann man aber, wenn man hier auf Entdeckungsreise geht, auch auf die eine oder andere Kostbarkeit treffen, so z.B. am Rande der ebenfalls sehr sehenswerten, von Bruno Taut projektierten Wohnsiedlung zwischen Erich-Weinert-Straße und Grellstraße. Hier hat auch heute noch die staatliche Ballettschule ihren Sitz (nur ist der Staat freilich ein anderer), und neben ihr befindet sich das Gebäude der mittlerweile geschlossenen Erweiterten Oberschule Fritz Große. Besonders schön ist die den Schulhof begrenzende Wand, in die diverse Porzellanfiguren eingearbeitet sind (von denen bemerkenswerterweise auch noch viele unbeschädigt sind).
Dem Namensgeber der Schule ist eine Wand mit einer Metallplatte gewidmet, die neben dessen Namen, Gesicht und Lebensdaten auch ein Bild eines Reiters mit Säbel ziert. Letzteres bezieht sich wahrscheinlich auf Großes Zeit als Rotarmist. Der zweite Band des „BI-Universallexikon“ (Leipzig 1986) informiert: „Große, Fritz, 5. 2. 1904-12. 12. 1957, Politiker, Holz- und Bauarbeiter; kämpfte 1920 in den Reihen der Roten Armee und trat nach seiner Rückkehr 1921 der KPD bei. Er arbeitete vor allem im KJVD, zu dessen ZK-Vorsitzenden er 1932 gewählt wurde. G. war nach 1933/34 einer der führenden Organisatoren des antifaschist. Widerstandskampfes des KJVD. 1934/45 war er in faschist. Zuchthäusern und KZs eingekerkert. 1945/49 wirkte G. in Partei- und Staatsfunktionen in Sachsen für die antifaschist.-demokrat. Umwälzung. 1949/52 war er Botschafter der DDR in der ČSR und danach im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten tätig.“ Wenn Stayfriends recht hat, dürfte die Schließung der Schule auch erst drei Jahre zurück liegen, wobei angesichts der Benennung nach einem SED-Funktionär erstaunlich wie erfreulich ist, dass offenbar nie eine Umbenennung stattgefunden hat.
Nachtrag 5.6.: Dank "Bildhauerei in Berlin" weiß ich nun auch, dass die Reliefwand 1973 von Gerhard Rommel geschaffen wurde, der unter anderem auch für das schöne, aber heutzutage zwischen den neuen Bauten des Cubix-Kinos und der Rathauspassagen eingezwängte Bauarbeiterdenkmal auf dem Alexanderplatz verantwortlich zeichnet.
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