"1837 weilte Karl Marx in Alt-Stralau und fand hier als junger Student die Erholung die er zur Fortführung seiner Arbeit benötigte", steht auf einem Steinblock in der Mitte der Anlage - Man kann sich schon fragen, was an diesem Ereignis so wichtig sein soll, dass es den Bau einer Gedenkstätte begründen könnte. Der Zusatz "1890 kamen aus Hamburg die Glasarbeiter nach Alt-Stralau. Sie waren aktive Vertreter der Lehren von Marx und Engels. Von hier aus leiteten sie den groszen Streik der 'Buddelmaker' in ganz Deutschland im Jahre 1901 und führten ihn erfolgreich zu Ende", benennt zwar tatsächlich ein erinnerungswürdiges Ereignis, allerdings ist die Verbindung zu Marx' Kur doch mehr als gestelzt. Dass die streikenden Arbeiter wirklich "aktive Vertreter der Lehren von Marx und Engels" waren, hätte man zumindest mit Hinweisen über die Ziele und Organisationsformen des Streiks belegen müssen. Schließlich begrenzen sich diese Lehren nicht auf den Satz, die Arbeiter könnten nur in gemeinsamer Aktion ihre Interessen verteidigen - dazu braucht es keinen Marx und keinen Engels, das sieht auch noch jede bessere Gewerkschaft von sich aus ein. In der Form jedenfalls, in der Marx' Aufenthalt auf Stralau (dargestellt in einem Relief, auf dem der junge Marx bei Tische mit einem älteren Mann diskutiert) und der Steik (ein zweites Relief zeigt Arbeiter, die sich der preußischen Armee entgegenstellen) in Verbindung gebracht sind, gerinnt der Bezug auf den Schöpfer des "Kapital" zur bloßen Heldenverehrung - da hilft auch das völlig zusammenhanglos auf die Rückseite der Reliefwand geschriebene Zitat "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern", nicht weiter.
Dienstag, 3. Juli 2007
Der junge Marx auf Stralau
Alt-Stralau, eine Halbinsel in der Spree, hat sich innerhalb der letzten hundert Jahre vom Villenviertel und Kurort über ein Industrierevier zu einem der langweiligsten gentrifizierten Wohngebiete Berlins entwickelt. Zwischen den (natürlich allesamt eingezäunten) typischen 90er-Jahre-Wohnhäusern mit ihren angedeuteten Spitzdächern und Putz-/Backstein-Fassaden findet sich nur Weniges, was einen Besuch rechtfertigen würde. Neben der hübschen Sicht aufs Wasser und einem alten Schiffslastkran ist das vor allem die Karl-Marx-Erinnerungsstätte am Ufer, 1964 von Hans Kies geschaffen.
"1837 weilte Karl Marx in Alt-Stralau und fand hier als junger Student die Erholung die er zur Fortführung seiner Arbeit benötigte", steht auf einem Steinblock in der Mitte der Anlage - Man kann sich schon fragen, was an diesem Ereignis so wichtig sein soll, dass es den Bau einer Gedenkstätte begründen könnte. Der Zusatz "1890 kamen aus Hamburg die Glasarbeiter nach Alt-Stralau. Sie waren aktive Vertreter der Lehren von Marx und Engels. Von hier aus leiteten sie den groszen Streik der 'Buddelmaker' in ganz Deutschland im Jahre 1901 und führten ihn erfolgreich zu Ende", benennt zwar tatsächlich ein erinnerungswürdiges Ereignis, allerdings ist die Verbindung zu Marx' Kur doch mehr als gestelzt. Dass die streikenden Arbeiter wirklich "aktive Vertreter der Lehren von Marx und Engels" waren, hätte man zumindest mit Hinweisen über die Ziele und Organisationsformen des Streiks belegen müssen. Schließlich begrenzen sich diese Lehren nicht auf den Satz, die Arbeiter könnten nur in gemeinsamer Aktion ihre Interessen verteidigen - dazu braucht es keinen Marx und keinen Engels, das sieht auch noch jede bessere Gewerkschaft von sich aus ein. In der Form jedenfalls, in der Marx' Aufenthalt auf Stralau (dargestellt in einem Relief, auf dem der junge Marx bei Tische mit einem älteren Mann diskutiert) und der Steik (ein zweites Relief zeigt Arbeiter, die sich der preußischen Armee entgegenstellen) in Verbindung gebracht sind, gerinnt der Bezug auf den Schöpfer des "Kapital" zur bloßen Heldenverehrung - da hilft auch das völlig zusammenhanglos auf die Rückseite der Reliefwand geschriebene Zitat "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern", nicht weiter.
"1837 weilte Karl Marx in Alt-Stralau und fand hier als junger Student die Erholung die er zur Fortführung seiner Arbeit benötigte", steht auf einem Steinblock in der Mitte der Anlage - Man kann sich schon fragen, was an diesem Ereignis so wichtig sein soll, dass es den Bau einer Gedenkstätte begründen könnte. Der Zusatz "1890 kamen aus Hamburg die Glasarbeiter nach Alt-Stralau. Sie waren aktive Vertreter der Lehren von Marx und Engels. Von hier aus leiteten sie den groszen Streik der 'Buddelmaker' in ganz Deutschland im Jahre 1901 und führten ihn erfolgreich zu Ende", benennt zwar tatsächlich ein erinnerungswürdiges Ereignis, allerdings ist die Verbindung zu Marx' Kur doch mehr als gestelzt. Dass die streikenden Arbeiter wirklich "aktive Vertreter der Lehren von Marx und Engels" waren, hätte man zumindest mit Hinweisen über die Ziele und Organisationsformen des Streiks belegen müssen. Schließlich begrenzen sich diese Lehren nicht auf den Satz, die Arbeiter könnten nur in gemeinsamer Aktion ihre Interessen verteidigen - dazu braucht es keinen Marx und keinen Engels, das sieht auch noch jede bessere Gewerkschaft von sich aus ein. In der Form jedenfalls, in der Marx' Aufenthalt auf Stralau (dargestellt in einem Relief, auf dem der junge Marx bei Tische mit einem älteren Mann diskutiert) und der Steik (ein zweites Relief zeigt Arbeiter, die sich der preußischen Armee entgegenstellen) in Verbindung gebracht sind, gerinnt der Bezug auf den Schöpfer des "Kapital" zur bloßen Heldenverehrung - da hilft auch das völlig zusammenhanglos auf die Rückseite der Reliefwand geschriebene Zitat "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern", nicht weiter.
Kategorie(n):
Arbeiterbewegung,
Persönlichkeiten
Zweimal Stephan Horota
Dass es in den Zeiten, als der Prenzlauer Berg noch ein Bezirk von Berlin, Haupstadt der DDR, war, viele Ansätze gab, dieses einstige proletarische Ghetto wohnlicher zu machen, kann man angesichts seines heutigen Zustands als Hochburg des kulturbetrieblichen Kleinbürgertums leicht übersehen. Nachdem auf dieser Seite bereits auf die Fritz-Große-Schule, ein antifaschistisches Ehrenmal und die Eisbärenmutter von Stephan Horota hingewiesen wurde, möchte ich nun zwei weitere Werke des letztgenannten Bildhauers vorstellen, die am Rande des Volksparks im Prenzlauer Berg stehen.
Der "Junge Fuchs" ist eine für die DDR-Kunst typische Tierskulptur: Realistisch, aber nicht naturalistisch. Der Gegenstand der Statue ist leicht ersichtlich; man sieht sofort, dass es sich um einen Fuchs handelt; aber das Tier ist auch nicht einfach aus dem Biologielehrbuch abmodelliert, sondern auf typische, stilisierte Merkmale reduziert. Die Platzierung direkt an einem der Parkausgänge ließ mich auf den ersten Blick glauben, hier steige gerade ein echter Fuchs aus dem Gestrüpp. Insofern unterstützt die Skulptur recht gut den Zweck des Parks, als ein Stück Wald inmitten der Großstadt zu wirken.
Für "Vater und Sohn", Anfang der 70er Jahre und damit fünf Jahre nach dem "Jungen Fuchs" entstanden, hat Horota ein ganz anderes Thema gewählt. Die Darstellung eines Vaters, der seinem Sohn aus einem Buch vorliest, dass dieser ihm voller Wissbegier aus der Hand nehmen will, um selbst zu lernen, steht allerdings nicht für sich: Ihr zugesellt ist ein Relief von Birgit Horota, das Szenen aus der Geschichte des Bezirks zeigt. Beginnend im neunzehnten Jahrhundert, über den Faschismus und die Befreiung bis zum Aufbau des Sozialismus leitend, zeigt es, woraus die Gesellschaft entstanden ist, die in den 60er Jahren diesen Park schuf. Eine Abbildung des Reliefs erspare ich den LeserInnen allerdings lieber, denn inzwischen ist es leider völlig mit einem großen Graffito bedeckt.
Der "Junge Fuchs" ist eine für die DDR-Kunst typische Tierskulptur: Realistisch, aber nicht naturalistisch. Der Gegenstand der Statue ist leicht ersichtlich; man sieht sofort, dass es sich um einen Fuchs handelt; aber das Tier ist auch nicht einfach aus dem Biologielehrbuch abmodelliert, sondern auf typische, stilisierte Merkmale reduziert. Die Platzierung direkt an einem der Parkausgänge ließ mich auf den ersten Blick glauben, hier steige gerade ein echter Fuchs aus dem Gestrüpp. Insofern unterstützt die Skulptur recht gut den Zweck des Parks, als ein Stück Wald inmitten der Großstadt zu wirken.
Für "Vater und Sohn", Anfang der 70er Jahre und damit fünf Jahre nach dem "Jungen Fuchs" entstanden, hat Horota ein ganz anderes Thema gewählt. Die Darstellung eines Vaters, der seinem Sohn aus einem Buch vorliest, dass dieser ihm voller Wissbegier aus der Hand nehmen will, um selbst zu lernen, steht allerdings nicht für sich: Ihr zugesellt ist ein Relief von Birgit Horota, das Szenen aus der Geschichte des Bezirks zeigt. Beginnend im neunzehnten Jahrhundert, über den Faschismus und die Befreiung bis zum Aufbau des Sozialismus leitend, zeigt es, woraus die Gesellschaft entstanden ist, die in den 60er Jahren diesen Park schuf. Eine Abbildung des Reliefs erspare ich den LeserInnen allerdings lieber, denn inzwischen ist es leider völlig mit einem großen Graffito bedeckt.
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