Donnerstag, 24. Mai 2007

Ein Ausflug an die Hellersdorfer Promenade

Mittwoch, 23.5.2007


Das Berliner Neubaugebiet Hellersdorf entstand im Laufe der 80er Jahre, und das Ende der DDR war auch gleichzeitig das Ende vieler Planungen für diesen Stadtteil. Das kann man heute insbesondere in der Ortsmitte sehen, die vorerst leer blieb und in den 90er Jahren mit nichtssagenden Kaufhausbauten gefüllt wurde. Doch auch davon abgesehen vermittelt Hellersdorf einen seltsam unbestimmten Eindruck, was vor allem daran liegt, dass es hier an wirklichen Orientierungspunkten mangelt: Weder gibt es wirklich hohe Häuser, noch geografische Besonderheiten, die den Weg beim Spazieren leiten könnten. Da, wo ursprünglich wahrscheinlich bildhauerische Tier- und Menschendarstellungen geplant waren, stehen heute Konstruktionen aus metallenen geometrischen Körpern. Alles wirkt irgendwie kalt und inhaltslos.


Nahe dem Stadtteilzentrum „Helle Mitte“ verläuft die Hellersdorfer Promenade. Diese, geplant als zentraler Einkaufsboulevard des Stadtteils, vermittelt durch ihre niedrige Bebauung und die Baumbepflanzung am Rande einen einigermaßen anheimelnden Kleinstadtflair, der aber durch einige der bereits erwähnten Metallskulpturen gestört wird. Dankenswerterweise ist der Straßenverkehr in Befolgung kluger städtebaulicher Grundsätze völlig aus der Promenade herausgehalten, so dass man sich ganz dem Bummeln hingeben kann und nicht auf Autos zu achten braucht.


Die Wohngebäude, die den Weg säumen, sind an den Ecken mit Erkern versehen und haben alle im Erdgeschoss Ladenzeilen. Es wäre interessant, zu erfahren, was für Geschäfte hier ursprünglich geplant waren. Heute jedenfalls bietet die Hellersdorfer Promenade eine merkwürdige Ansammlung von Geschäften, die man in einem solchen Boulevard kaum erwarten würde: unter anderem ein Zoohandel, ein Trödler, ein Laden für Billigprodukte und ein Sexshop, der prominent am Eingang der Straße liegt und die flanierenden Besucher mit einer in der Wegmitte stehenden Werbetafel für einen neu entwickelten Dildo lockt.



Unangenehmerweise ist die gesamte Straße am heutigen Tag mit Nazi-Plakaten beklebt, was meine Stimmung nicht gerade hebt, und da ich allein unterwegs bin, versuche ich auch nicht, sie abzureißen. Dem örtlichen Zigaretten verkaufenden Vietnamesen scheinen die Plakate aber nichts auszumachen, ebensowenig wie der Russin, die vor dem Trödelladen lächelnd in die Sonne blinzelt. In diesem Laden finde ich auch endlich, wofür ich hergekommen war: ein Buch über Rostock und eines über Berlin, von denen mir berichtet wurde, sie stünden hier ungeachtet im Regal. Die Verkäuferin macht ein paar Späße in starkem Berliner Dialekt, ich gehe ein wenig darauf ein und verlasse endlich den Laden. Damit hält mich hier nichts mehr und ich begebe mich zur U-Bahn.

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