Freitag, 7. Dezember 2007

Ein Ausflug nach Eberswalde

Auch wenn Stadtneugründungen wie Eisenhüttenstadt oder Hoyerswerda und Großsiedlungen vom Umfang einer ganzen Stadt wie Berlin-Marzahn oder Leipzig-Grünau die interessantesten Objekte des Städtebaus der DDR darstellen, lohnt es sich doch immer wieder, auch kleinere Orte zu besuchen und zu betrachten, wie hier mit geringeren Mitteln versucht wurde, ein stimmiges bauliches Ensemble und eine wohnliche Umgebung für die Bürger des Ortes zu schaffen.

Freilich besteht gerade bei den Wohngebieten, deren Bau in der Honeckerzeit begonnen wurde, oft das Problem, dass sie schlicht und einfach nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt wurden. Vor einer Weile wurde an dieser Stelle schon einmal diese Tatsache beweint, und zwar anhand von Berlin-Hellersdorf. Für das Wohngebiet Max Reimann in Eberswalde gilt das gleiche: Bevor der Bau des Zentrums, wo sich Versorgungs- und Kultureinrichtungen hätten befinden sollen, ein Ende fand, endete die DDR. So blieb ein Freiraum, in den eine der üblichen Provinzmalls gestopft wurde, die der "Hellen Mitte" in Hellersdorf an Hässlichkeit in nichts nachsteht.

Nichtsdestrotrotz gibt es im Brandenburgischen Viertel, so der neue Name seit den 90er Jahren, noch viel zu entdecken, obgleich wegen Arbeitsplatz- und damit Mietermangel der Stadtumbau genannte Abriss auch hier voranschreitet. Fährt man mit dem Oberleitungsbus (Eberswalde ist eine von nur drei deutschen Städten, die noch über ein entsprechendes Netz verfügt) ins Viertel hinein, begrüßt einen gleich zu Anfang der ehemalige Namensgeber des Viertels in Form einer Bronzestatue inmitten einer Grünanlage, die zwischen Straße und Bebauung vermittelt. Leider gibt keine Plakette oder ähnliches Auskunft darüber, dass hier der Erste Sekretär der westdeutschen KPD und spätere Ehrenpräsident der DKP dargestellt ist.

Folgt man der hier beginnenden Magistrale der Frankfurter Allee, begegnet man noch verschiedenen weiteren Kunstwerken, die entlang einer leicht erhöht gelegenen und damit vom Straßenverkehr getrennten Promenade verteilt sind: ein Brunnen mit einem eingemeißelten Laotse-Zitat, welches das Wasser als "das Weiche" lobt, das "das Harte" besiegt; die Statue einer Frau, die einem Mann den Köpf wäscht, sowie eine Art Kasper auf einem Holzpferd, der mit seiner Posaune die Menschen im nebenstehenden Wohnblock wecken zu wollen scheint.





Auch die Wohngebäude selbst sind bemerkenswert, denn an ihnen sind großenteils noch nicht die ursprüngliches Fassadengestaltungen hinter Dämmplatten verschwunden. Das oft beklagte Problem der Monotonie des Plattenbaus ist in einer Weise gelöst, die zwar jeden Block als einzelnes Bauwerk, aber gleichzeitig auch als Teil eines größeren Ganzen erfahrbar macht. Dies wird erreicht, indem wenige Elemente (Klinkersteine, Kacheln, unterschiedliche Farbabstufung des Betons) in immer wieder neuen Mustern angeordnet werden. Ein schöner Beweis dafür, dass Industrialisierung des Bauens und Individualität kein Widerspruch sein müssen, sondern dass es allein auf das Können der Architekten ankommt, die spezifischen Möglichkeiten des industriellen Bauens zu nutzen.



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